G20-VERFAHREN ALS BEDROHUNG FÜR DAS VERSAMMLUNGSRECHT

Bereits Anfang September könnte es zu einer Entscheidung in dem Gerichtsverfahren um die Ereignisse am Rondebarg während des G20-Gipfels in Hamburg kommen. Am Morgen des ersten Gipfeltags ist eine Versammlung von Gipfel-Gegner*innen in den Rondenbarg eingebogen. Ziel war es, gegen den G20-Gipfel in der Hamburger Innenstadt zu protestieren.

Die Hamburger Staatsanwaltschaft drängt in diesem Verfahren darauf, dass sich die Angeklagten bereits durch das Mitlaufen der sog. psychischen Beihilfe strafbar gemacht haben. Das bedeutet, dass sie den Angklagten selbst keine Straftaten im landläufigen Sinne vorwirft. Sie haben selbst keine Steine geworfen oder Polizeibeamt*innen angegriffen. Lediglich durch ihre Anwesenheit sollen sie die eigentlichen Täter*innen in ihrem Handeln psychisch bestärkt und dadurch strafbare Beihilfe geleistet haben.

Zu einer ähnlichen Entscheidung war bereits der Bundesgerichtshof gekommen, in einem Verfahren (BGH 2 StR 414/16), in dem es um sog. Fußball-Hooliganimus ging. Hier sollen andere Anhänger*innen durch ostentatives Mitlaufen die eigentlichen Täter*innen bestärkt haben. Gleichwohl hatte das Gericht hier Versammlungen im versammlungsrechtlichen Sinne grundsätzlich ausgenommen. Dies versucht die Hamburger Staatsanwaltschaft jetzt zu kippen.

Unabhängig von den tatsächlichen Geschehnissen geht von dem Verfahren dadurch eine erhebliche Bedrohung für das Versammlungsrecht in Deutschland aus. Denn kommt es zu einer Verurteilung, würde dies bedeuten, dass sich Menschen schon dann strafbar machen, wenn sie bei einer Demonstration mitlaufen in der er es zu einzelnen Gewalttätigkeiten kommt, ohne dass sie sich selbst aktiv an Straftaten beteiligen.

Für Menschen könnte es so kaum absehbar sein, welche Gefahren auf sie durch eine Teilnahme an der Versammlung zukommen. Sie selbst könnten durch ihr eigenes Verhalten nicht kontrollieren, ob sie sich strafbar machen. Aufgrund der drohenden Gefahren könnten Menschen so im Zweifel davon abgehaltenwerden, an einer Versammlung für ihr Anliegen teilzunehmen, was eine große Gefahr für die Demokratie dartellen würde.

Weltweit werden Menschen im stärker davon abgehalten, ihre Menschenrechte wahrzunehmen, da sie sich zunehmender Repression ausgesetzt sehen. In diesem Zusammenhang wird auch von sog. Chilling Effects gesprochen.