Das Bundesinnenministerium hat einen Gesetzentwurf zur Neustrukturierung des Bundespolizeigesetzes vorgelegt. Hierzu hat Amnesty International im Rahmen der Verbändebeteiligung eine Stellungnahme eingereicht. Aus Sicht von Amnesty International enthält der Gesetzesentwurf einige positive Signale. An anderen Stellen werden menschenrechtliche Standards dagegen nicht vollständig berücksichtigt.
Amnesty International begrüßt die folgenden Punkte:
• Die Kennzeichnungspflicht für Polizeivollzugsbeamt*innen der Bundespolizei wird gesetzlich verankert. Sie dient der Transparenz polizeilichen Handelns und der Aufklärung von Vorwürfen bei rechtswidrigem Polizeiverhalten.
• Der Gesetzesentwurf verzichtet auf Maßnahmen der Gesichtserkennung sowie der Quellen-Telekommunikationsüberwachung und der Online-Durchsuchung, sogenannte „Staatstrojaner“. Der Einsatz von Gesichtserkennungstechnologie ist mit den Menschenrechten nicht vereinbar. Trojaner bergen eine besonders hohe Eingriffsintensität, sodass ihr Einsatz oftmals unverhältnismäßig ist. Zusätzlich geht ihre Verwendung oft mit Risiken für das Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme einher.
• Die Einführung von Bescheinigungen über polizeiliche Kontrollmaßnahmen nach § 23 Abs. 2 BPolG-E (sog. „Kontrollquittungen“) ist vorgesehen. Die Regelung sollte aber auf Maßnahmen nach § 26 Abs. 1 Nr. 3 BPolG-E und § 65 Abs. 2 BPolG-E ausgeweitet werden, da anderenfalls ein Unterlaufen droht.
• Eine einfache Sicherheitsprüfung soll eingeführt werden. Diese kann ein Schritt sein, um menschenfeindlichen Einstellungen in der Bundespolizei vorzubeugen.
Amnesty International bewertet die folgenden Punkte kritisch:
• Die Beibehaltung von Kontrollbefugnissen durch die Bundespolizei, ohne dass konkrete Tatsachen zur Begründung eines personenbezogenen Verdachts vorliegen müssen, birgt die Gefahr von Racial Profiling und ist menschenrechtlich bedenklich.
• Zwar hat das Bundesinnenministerium erfreulicherweise endlich eine Ausschreibung für eine „Überwachungsgesamtrechnung“ auf den Weg gebracht. Erneut sollen mit dem Bundespolizeigesetz jedoch Überwachungsbefugnisse erweitert werden, bevor diese vorliegt und berücksichtigt werden kann.
• Die weitreichende Anordnungsbefugnisse für Meldeauflagen und Aufenthaltsverbote sind mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit problematisch.
• Die weiten Eingriffsbefugnisse für den Einsatz von mobilen Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten und für die polizeilichen Ingewahrsamnahme sind menschenrechtlich problematisch. Eine Verpflichtung zur Einschaltung der Bodycams bei der Anwendung unmittelbaren Zwangs und die Videoüberwachung von Gewahrsamsräumen sollten ergänzt werden.
Link zur Zusammenfassung:
https://www.amnesty.de/informieren/positionspapiere/deutschland-bundespolizeigesetz-amnesty-stellungnahme-neustrukturierung
Link zur ausführlichen Stellungnahme von Amnesty International:
https://www.amnesty.de/sites/default/files/2023-06/Amnesty-Stellungnahme-Bundespolizeigesetz-Juni-2023.pdf