Am Freitag dem 05.10.18 hatte Amnesty International Besuch von Herrn Stephen Mwangi, Mitbegründer und Koordinator des Mathare Social Justice Centre (MSJC) in Kenia, und Frau Sabine Dwinger von den Peace Brigades International (PBI).
Das MSJC ist eine Graswurzelbewegung, die sich in Mathare, einem Armenviertel in Kenias Hauptstadt Nairobi, vor allem mit außergerichtlichen Tötungen durch die Polizei beschäftigt. Nach Recherchen des MSJC gab es zwischen 2013 und 2016 in Mathare 800 solcher Fälle.
Die Arbeit des MSJC umfasst die Dokumentation dieser Tötungen und versucht den Hinterbliebenen zu helfen. Ein wichtiger Bestandteil dieser Arbeit besteht auch darin, gegen die „Normalisierung“ solcher Verbrechen anzukämpfen.
Zwar sind die Taten die das MSJC dokumentiert auch nach kenianischem Recht rechtswidrig und strafbar. Jedoch besteht in Kenia ein großer Widerspruch zwischen den verfassungsmäßigen Rechten der Ärmsten, und der gesellschaftlichen Realität, erklärte Herr Mwangi während des Treffens. Die Opfer der Polizei seien regelmäßig zwischen 13 und 25 Jahren alt, und häufig nicht vorbestraft.
Unterstützt wird die Arbeit des MSJC durch die PBI, einer gemeinnützigen Einrichtung, die sich international vor allem für den Schutz von Menschenrechtsaktivisten einsetzt, und durch ihre Präsenz Schutzraum für deren Arbeit schaffen möchte. Auch die Sektionen von Amnesty International in Kenia und Ostafrika unterstützen das MSJC.
Herr Mwangi konnte gleichzeitig über die Independent Policing Oversight Authority (IPOA) in Kenia berichten. Diese unabhängige Ermittlungseinrichtung wurde in Kenia geschaffen, um in Fällen rechtswidriger Polizeigewalt zu ermitteln. In Deutschland fehlt bis jetzt leider eine solche Institution, die deutsche Sektion von Amnesty International fordert sie seit vielen Jahren.
Leider kann die IPOA nach Auskunft von Herrn Mwangi noch nicht so arbeiten, wie es wünschenswert wäre. Polizeizeugen können nicht zum Erscheinen verpflichtet werden, und die IPOA hat auch kein Akteneinsichtsrecht. Darüber hinaus wurden auch schon Mitglieder durch die Polizei bedroht. Daher besteht laut MSJC die Gefahr, dass die IPOA lediglich ein Papiertiger bleibt.
Das Treffen mit Herrn Mwangi und Frau Dwinger bot die Gelegenheit für einen sehr interessanten Austausch. Dabei war spannend, dass sich viele grundlegende Probleme im Bereich rechtswidriger Polizeigewalt in Kenia und Deutschland ähneln. Es trifft vor allem gesellschaftlich stigmatisierte Gruppen, Ermittlungen finden kaum statt, und werden selbst dann wenn sie stattfinden, nur ineffektiv geführt. Darüber hinaus fehlt es an hinreichend ausgestatteten Ermittlungsinstitutionen, und öffentlichem Problembewusstsein.
Nach rund anderthalb Stunden war das Gespräch beendet, und unser Sprecher Philipp Krüger bedankte sich herzlich für den interessanten Austausch: „Es ist wichtig und spannend sich auch mit Menschenrechtsaktivist_innen aus anderen Teilen der Welt zu treffen und Erfahrungen auszutauschen. Bei allen lokalen Unterschieden hilft es dennoch Lösungen und Strategien für Probleme zu finden, die sich im Bereich Polizei anscheinend häufig ähneln.“
Wir wünschen Herrn Mwangi und Frau Dwinger alles gute für ihre weitere Arbeit!