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Pläne für den Einsatz von Elektroschockpistolen für Bayerns Polizei

Das Land Bayern lässt derzeit eine Ausweitung des Einsatzes von Elektroschockpistolen überprüfen. So sollen alle bayerischen Unterstützungskommandos sowie die Einsatzzüge in Aschaffenburg, Kempten, Regensburg und Straubing testweise mit den Waffen ausgerüstet werden. Bisher haben sie nur Spezialeinsatzkommandos der Bayerischen Polizei eingesetzt.

Medienberichten zu Folge wurde bereits im Vorfeld polizeiintern bekanntgegeben, dass die weite Einführung von Tasern geplant sei, jedoch genauere Details geklärt werden müssten. Die Deutsche Polizeigewerkschaft würde diesen Schritt begrüßen, da so eine Lücke in der Bewaffnung von Polizeieinsatzkräften geschlossen werden soll. Die Entscheidung stehe noch aus.

Allerdings gibt es ohnehin schon massive Kritik am Verhalten einzelner Beamt*innen. So lautet oftmals der Vorwurf: unverhältnismäßiger Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken. Die breitere Verwendung von Tasern erhöhe auch das Risiko ihres Missbrauchs durch Einsatzkräfte.

Expert*innen verweisen zudem aufgrund der Erfahrungen von Einsätzen in anderen Bundesländern darauf, dass oft schon eine Drohung mit der Waffe genüge, um gewaltbereite Menschen einzuschüchtern. Auch Amnesty International wendet sich gegen den Einsatz von Elektroschockwaffen durch die Polizei, weil die Gefahren für die Opfer nicht abschätzbar sind und besonders für Menschen mit Herzerkrankungen zu verheerenden Folgen führen können. Der Elektroschock kann für bestimmte Risikogruppen tödlich enden. Gerade Ältere, Kinder, Schwangere und Herzkranke seien besonders gefährdet, wenn der Taser die Muskeln verkrampfe. In England starb vergangenen Jahres der Ex-Fußballprofi Dalian Atkinson (48), nachdem die Polizei einen Elektroschocker eingesetzt hatte.

Hemmschwelle könnte gesenkt werden

Des Weiteren besteht Anlass zur Annahme, dass Taser wegen ihrer vermeintlichen Ungefährlichkeit die Hemmschwelle von Polizeikräften senken, überhaupt eine Waffe zu ziehen und so zur Brutalisierung der Polizei beitragen. „Es besteht das Risiko, dass Taser unverhältnismäßig eingesetzt werden“, sagt Amnesty-Waffenexperte Mathias John.

Ein Problem der Tasereinsätze ist das hohe Missbrauchsrisiko – auf Knopfdruck können fast ohne Spuren wieder und wieder massive Schmerzen verursacht werden. (…) In den USA haben wir versucht Todesfälle zu erfassen. Zwischen 2001 und 2016 sind mindestens 700 Menschen an den Folgen der Einsätze gestorben.

Mathias John, Amnesty International

John fordert, dass Taser Spezialeinheiten der Polizei vorbehalten bleiben. Eingesetzt werden dürften sie nur als letztes Mittel in lebensbedrohlichen Ausnahmesituationen, um den scharfen Schuss zu vermeiden.

50.000 Volt sollen Muskulatur lähmen

Der Schuss aus einem Taser soll potenzielle Angreifer*innen aus einer Distanz von bis zu 10 Metern durch eine kurzweilige Lähmung der Muskulatur außer Gefecht setzen. Die unter Startstrom stehenden Nadeln sind mit Widerhaken versehen und durchdringen Kleidung bis zu einer Stärke von 5 Zentimetern. Haben sich die Projektile einmal im Körpergewebe eines Opfers verhakt, kann dieses durch mehrmaliges Betätigen des Abzugs wiederholt unter Starkstrom gesetzt werden. Studien über die Folgen dieser Elektroschocks kommen zu widersprüchlichen Ergebnissen. Manche gehen davon aus, dass die Stromstöße langfristig folgenlos bleiben. Andere warnen vor lebensbedrohlichen Verletzungen.

Untersuchungen bislang widersprüchlich

Die US-amerikanische Sektion von Amnesty International verfasste eine ausführliche kritische Stellungnahme bezüglich der Verwendung von Tasern. Diese bezieht sich auf die Ergebnisse einer Studie aus dem Jahr 2006, die den Einfluss von Elektroschockpistolen bei mehr als 150 Todesfällen in den USA untersuchte.

Besondere Kritikpunkte betreffen das erhöhte Missbrauchspotential bei einer unverhältnismäßigen Verwendung der Taser zur Strafverfolgung unbewaffneter Personen. So dokumentierte Amnesty International weltweit zahlreiche Missbrauchsfälle, die u.a. auf die einfache Bedienung per Knopfdruck und die Fähigkeit, spurenfrei starke Schmerzen zu verursachen, zurückzuführen sind. Des Weiteren wird eine unabhängige und umfangreiche Prüfung der Sicherheit und der potenziellen Gesundheitsrisiken vorausgesetzt. Hierbei sei es jedoch wichtig, dass die Probanden innerhalb der Studien auch aus sog. Risikogruppen bestünden, da diese bisher bei Untersuchungen vernachlässigt wurden. Nur so könne eine Bewusstsein für die variierenden Auswirkungen solcher Schusswaffen bei individuellen Einflussfaktoren entwickelt werden.

 

Stellungnahme zur Verwendung von Tasern

 

 

Quelle: www.merkur.de

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